[- konturverneinend -]

Sonntag, 13. April 2008

zu hause

Irgendwann war es egal, in welche Richtung sie blickte - der Putz bröckelte von allen Wänden in großen Stücken, und unter ihm traten die Risse im ächznden Mauerwerk zutage, einige schon so breit, dass sie ihre geballte Faust hätte hinein stecken können. Doch das tat sie nicht, denn durch die Risse hindurch konnte sie nur verschwommene Umrisse in der Dunkelheit ausmachen, deren Bewegungen sie schnellerund flacher atmen ließ. Sie wusste, was da auf sie zu kam, es waren alte Bekannte, und sie würde allein mit ihnen sein.

Mittwoch, 9. April 2008

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Immer und immer wieder dreht sie die gleiche Runde durch den kleinen, halbdunklen Raum, reibt sich am gesplitterten Holz der alten Wände, dreht mit den Samtpfoten jedes Blatt, das der Wind hineingetragen hat.
Sie kennt keine Geduld und übt sich doch in ihr.
Immer wieder beschnuppert sie die altbekannten Ecken und Gitterstäbe, jede und jeden einzeln und ausgiebig, noch immer in der Hoffnung auf Veränderung, auf eine Note, die es erlaubt, so zu tun, als sei ein neues Kapitel im Käfig aufgeschlagen. Als dauere das Warten im Nichts auf Etwas erst wenige Sekunden.

Mittwoch, 26. März 2008

Karusselbst

Der Wind, der eben noch von vorne kam, entschlossen Eiskristalle in jede Pore des erstarrten Gesichts presste, beginnt ganz unerwartet sich zu drehen.
Fetzen von blauem Frühlingshimmel lassen sich trotzig durch den Wolkenwall blicken, im kalten Wehen finden sich unvermittelt laue Strömungen, wärmer werdend, die Wetterfahne knarrt ungelenk.
Auch sie dreht sich, blickt sich selber an, blickt in sich, wo alles in- und auseinander läuft, umeinander kreist. Die Zeiger bewegen sich rückwärts, alles auf Anfang, denkt sie im Wind, nur wollen, weiß sie sich windend und will.

Mittwoch, 12. März 2008

funktionstüchtig

Es ist fast schon unheimlich, wie schnell sich das menschliche Gehirn an Situationen anpasst, Neues zu Gewissheit und Normalität werden lässt und den Orgnismus so zum Weitermachen befähigt. Wo an einem Tag noch jegliche synaptische Verbindungen zum Verständnis fehlten, bahnen sich die zunächst panisch kreisenden Gedankenströme über Nacht ihren Weg, verknüpfen Nervenzellen miteinander, laufen die Strecke einige Male ab und der Rest der biologischen Einheit folgt.

Wie lange es wohl dauern mag, bis sie die alten Wege nicht mehr nutzen, sich Schlaglöcher bilden und ganz langsam der Löwenzahn durch den Asphalt bricht?

Dienstag, 26. Februar 2008

Heimat

Die Straßen, die ich durchlaufe, die Grünstreifen, die ich passiere, die Gesichter der Menschen, sie alle sagen mir nichts. Sie ziehen an mir vorbei, ich ziehe weiter. Wie eine Herde großer Tiere stehen bewegungslos die Kräne, die die Zukunft gestalten sollen, vor der Kulisse einer Region im Stillstand. Sie beachten mich nicht, sie beachtet mich nicht und ich will mich zwingen, nicht Unmögliches zu verlangen, und versage kläglich.

Die Wochenenden gleichen den früheren, das Sitzen zwischen den Menschen, die meine alten Bekannten geworden sind, ist inhaltslos; unverstanden, nicht verstehend schweige ich. Ich bewege mich rückwärts durch die Zeit. Meine Gedanken versuchen, ein Ganzes herzustellen aus den Splittern und Fetzen dessen, was meine Filter von Draußen übrig lassen. Nichts passt zusammen, und so entsteht mein Bild, und meine Bleistiftskizzen sind nichts als Verzweiflungstaten gegen das Verstehen.

Denn die Stadt schweigt mich an, nur der Blick meines Spiegelbilds, der verzerrten Reflexion, spricht stumm und deutlich Worte, die ich nicht hören will.

Montag, 18. Februar 2008

wüste

Durst nach mir selbst unter all den Lagen von dem, was ich in Dir sehen will. Wortformung will nicht mehr gelingen, stattdessen fallen abstrakte, unbekannte Zerrbilder mir aus dem trockenen Mund.
Aufgesprungen am Boden, vom Salz spröde geworden.
Durst nach dem, was Du nicht bist.

Freitag, 9. November 2007

Nach Hause

Als ich vor zweieinhalb Jahren vom Ort meiner Kindheit aus durch die Lahnaue fuhr, zum Freund, und ich wusste, es würde das letzte Mal sein für lange Zeit, und die Apfelbäume in der morgenkühlen, dunstigen Luft vom Licht der aufgehenden Sonne umspielt wurden, da schlich sich ein Kloß in meine Kehle, ungefähr so groß wie eine Faust, und es drückte mir die Kehle zu.

Heute, nachdem der erste Schnee unter dem immer mal wieder tiefblauen Himmel schon längst wieder weggeschmolzen ist, als die Sonne sich auf den Weg hinter die sturmzerzausten Hügel des Donautals macht, um auf ihrem Weg sämtliche Möglichkeiten von Rot auf die Fetzen der Wolkenfront zu projezieren, merke ich, wie schnell man an Orten ankommen kann, wie schnell sie sich ins Herz einnisten, wie schnell sie Lücken hinterlassen können.

Sonntag, 30. September 2007

vorrübergehend

Das Schlimme und Gnädige ist, sich an wenig bis nichts zu erinnern. Lediglich schemenhaft treten vor langer Zeit durchlebte Gefühle ins Bewusstsein, wie Passanten, die durch nieselnden, nass-kalten Regen in der Dämmerung über die Straße huschen und verschwunden sind, bevor man sie tatsächlich ausgemacht hat, bevor man mehr als nur eine Schatten wahrnehmen konnte. Der Unterschied zum Passanten besteht freilich darin, dass dieser die Straßenseite von alleine wechselt und ganz ohne Not hinter einer Hausecke verschwindet, obwohl er es aus der eigenen Sicht nicht müsste, er dürfte bleiben, man würde ihn betrachten, ihm vielleicht Ziel oder Motivation andichten, es täte nichts.

Und Du so?

Du bist nicht angemeldet.

Sieh mal zu!

warm und licht und plüschig

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Nix geht verloren, der Treibsand wird archiviert: Deutsches Literaturarchiv Marbach. Danke.

Anna

- heißt eigentlich anders und schreibt seit 2002 hin und wieder was ins Internet, seit 2007 tut sie es hier. Ab und an denkt sie wegen Untätigkeit laut oder leise übers Löschen nach, durchringen kann sie sich nicht. Im Treibsand versinken Gefühle, Eindrücke und Textfetzen, die irgendwohin müssen, aber nirgends so richtig passen wollen.

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Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:09

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