[- konturverneinend -]

Mittwoch, 30. März 2011

7:23

Ich habe alles verbrannt, die Trümmer rauchen noch, es wird noch Hitze abgestrahlt. Weißt du noch, wo der Schlüssel gelegen hatte? Zugegeben, es wäre klug gewesen, ihn vorher an mich zu nehmen, aber ich war etwas in Eile, die Sachen verbrennen sich schließlich nicht von alleine, und jemand musste es tun. Irgendwo da in all der Asche wird er schon noch liegen, es wird bestimmt nicht besonders schön ihn zu suchen, vor allem, weil das doch nun alles hinter uns hätte liegen sollen, aber ich bin voller Zuversicht. Reichst du mir bitte die Brötchen?

Dienstag, 16. November 2010

doppelsterne

die luft in der küche steht. schon am fluss hatte sie gestanden, dort noch schwerer, vollgesogen mit brackigem, überhitztem wasser, was das schwitzen noch anstregender machte, als es ohnehin schon gewesen war. nun also stehende luft in der küche, geräusche aus den hinterhöfen, das rauschen vorbeidonnernder züge, kein schlaf.

Sonntag, 4. Oktober 2009

tiefenrausch

Ihr seid zu weit weg. Zu wenig und nicht genug und doch zu viel für mich. Lasst mir zu viel Raum für Phantasien und zu wenig Luft zum Atmen. Kettet mich an Euch, aber könnt mich nicht halten, ja, nicht einmal aushalten könntet Ihr mich.

Unter der Wasseroberfläche schwebe ich, Eure verzerrten Körper beobachtend mit weiten Augen, Eure Handlungen. Dumpf dröhnt der Klang Eurer Existenz zu mir hinunter, lässt meine Welt erbeben, die sanften Wellen dirigieren meinen bleichen Körper; schlingpflanzengleich treibt mein gieriges Haar knapp über dem Morast der Tiefe.

Keine Hand werde ich Euch entgegenstrecken, kein Wort an Euch richten, Ihr werdet vorbeigehen, nicht ohne einen Teil von mir zu fordern, vorübergehen, vergehen, Euch nicht umdrehen und niemals dagewesen sein, wenn ich nur still halte, den Blick weiter nach oben auf Euer Leben gerichtet, vom Wasser gehalten, an den Morast gebunden.

Mittwoch, 14. Januar 2009

confirmed missing

Es stimmt schon, was du sagst. Man wartet eben doch. Allen selbst auferlegten Spielregeln zum Trotz wartet man. Heimlich und dennoch unenttäuscht, weil sämtliche Phantasien und Vorstellungen lediglich bekräftigt werden mit jedem Tag des unvollendeten Wartens. Weil die schale Hoffnung, Gesagtes könne so gemeint gewesen sein, wie es gesagt wurde, schon lange abgestorben ist. Ganz still, ganz leise und fast ohne Todeskampf. Nahezu unbemerkt.

Du sagst zu mir, dass es bitter sei, aber unvermeidbar, dass es dazugehören würde, und meinst das Gefühl des Wartens. Doch das einzig Bittere in mir ist das Gefühl, schon so lange gewusst zu haben, dass alles Warten vergebens sein würde.

Donnerstag, 11. Dezember 2008

Jolanda 2 :: Befreiung

"Du bist viereinhalb Jahre fort gewesen."
Mittlerweile war es völlig dunkel geworden, und der Regen hatte erneut eingesetzt. Der alte Holzstuhl knarrte unter meinem leichten Zusammenzucken. Grundlos griff ich nach der leeren Tasse auf dem Tisch neben mir und stellte sie nach einem hektischen Blick hinein wieder zurück.

"Vier Jahre und zwei Monate", hörte ich mich murmeln. Sie bewegte sich, doch ihr Gesicht war in der Dunkelheit nicht mehr zu erkennen.
"Das macht es nicht besser. Du hast sie doch nicht mehr alle. Einfach abhauen. Keiner weiß, wo du bist. Dann zweimal im Jahr eine Postkarte schreiben, es ginge dir gut, du würdest uns vermissen", sagte sie mit gepresster Stimme, mich ansehend.

Ich weiß.

"Und dann einfach hier auftauchen, und bei 'nem Kaffee drüber reden wollen? Stirbst du jetzt, oder was?"
"Nein, ich sterbe nicht."

Sie atmete tief durch, schien wieder ruhig, während sie dennoch nach ihrem Tabakbeutel griff und begann, sich eine weitere Zigarette zu drehen. Früher hatte sie weniger geraucht. Dafür war sie impulsiver gewesen, sie hatte die Distanziertheit mir gegenüber nie so lange ausgehalten. Damals war sie aber auch lediglich aufgesetzt gewesen, die Distanziertheit. Vier Jahre und zwei Monate früher. Sie hatte sich verändert, ich konnte es unter der Maske erkennen.

"Was willst du dann hier? Jetzt?"
Etwas ratlos zuckte ich mit den Schultern. Schon zu Anfang hatte ich nicht so recht gewusst, was ich sagen wollte, jetzt gab es für mich nichts mehr zu sagen. Was ich suchte, begriff ich, würde ich nicht bekommen. Der Mensch, der mich hätte lossprechen können, existierte so nicht mehr. War verschwunden zwischen Warten, Ungewissheit, Wut und vier Jahren und zwei Monaten Leben, von denen ich keine Ahnung hatte, in denen ich nur als Absender auf halbjährlichen Postkarten augetaucht war. Überraschung. Nur die Schulden zwischen uns und der flaue Nachklang unwideruflich falscher Entscheidungen waren geblieben. Der Regen wurde stärker, und der Wind drückte sich geräuschvoll in Winkel und Ecken des Giebels.

"Wirst du dich jetzt stellen?", fragte sie, den Blick wieder in das bewegte Nichts vor dem Fenster gerichtet, und entzündete die Zigarette. Das Aufflammen erzeugte eine kurze Reflexion ihres Gesichts in der Scheibe. Für eine Sekunde fragte ich mich, ob das nun doch noch ein letztes Mal die Frau von früher gewesen war, die mir vertraute Maske.

Dann suchten sich auch meine Augen einen unbestimmten Punkt in der cyangesprenkelten Schwärze, mein Kopf voller Bilder aus den letzten Jahren, durchmischt mit der Angst vor den bevorstehenden; Fluchtgedanken, dem lebensbegleitenden Drang nach Weite um mich herum. Nach Freiheit.

Aber wie frei kann man schon sein, wenn man nicht loslassen kann, was man loswerden muss?


Dieser Text ist für die Ausgabe Befreiung des Projekts Kurzschluss von bastiH entstanden. Während der Produktion kam außer etwas veralteter Hardware kein Lebewesen zu schaden.

Noch viel Befreienderes gibt es von
frau cassiopeia im gastbeitrag beim neubaublog
karatekueken
bastih
Patsy Jones mit gastbeitrag bei saripari's septemberrave

Montag, 3. November 2008

herbst - zeit - lose

es ist so einsam ohne dich,
haucht dir der herbst ins ohr.

mit mir, schreist du zurück,
war es doch noch viel einsamer.

Montag, 20. Oktober 2008

Jolanda 1

Wir saßen am Fenster, im Halbdunkel der Dämmerung, und einige letzte, träge Regentropfen malten neue Wege in das Durcheinander ihrer kleineren Artgenossen auf dem kühlen Glas. Irgendwo heulte ein Motor auf und die hektische Geschäftigkeit auf den Hinterhöfen, die mit Beendigung des Regens fast sofort wieder eingesetzt hatte, drang als vertraute Geräuschkulisse hinauf zu uns.

Langsam und lange sog sie den Rauch der selbstgedrehten Zigarette in sich ein. Mit betonter Lässigkeit hielt sie sie zwischen den Spitzen von Daumen und Zeigefinger. Ich kannte sie lange genug, um den Schild zu sehen, den sie so um sich zu erichten wusste. Das Paradoxon: körperlich nicht mehr sie selbst, sondern eine Maske, eine Figur, war dieser Zustand derjenige, der einen Einblick in sie als Person ermöglichte, der es ihr als Person ermöglichte, sich frei unter Menschen zu bewegen.

Sie sah mich nicht an; nicht während des Inhalierens und auch nicht während sie den Qualm nach einem kurzen Moment des Innehaltens wieder in einem flachen Strahl aus Lunge und Mund entweichen ließ. Blicklos starrte sie durch die Fensterscheibe. Ein-, zweimal zuckte ihre Unterlippe, so als würde sie - endlich - beginnen zu sprechen, doch das kurze Beben erstarb jedes Mal in der schweren Stille der Küche.

Donnerstag, 16. Oktober 2008

nimm alles fort

der wind lässt die farben auf die straße regnen

Sonntag, 27. Juli 2008

Am Ende

Rückblickend sieht alles wie so oft viel kleiner aus als es wirkte, während du dich unaufhaltsam und unabwendbar darauf zu bewegt hast. Groß und bedrohlich schon aus der Ferne, vermögen bestimmte Dinge sich zu schieren Ungeheuern auszuwachsen, bist du erst in ihren Schatten getreten und dein Blickfeld vollständig von ihnen ausgefüllt. Allein mit dir selbst fallen dann die Entscheidungen, die dich handeln lassen - weitergehen oder verharren, Angst ist nur ein Gefühl.

Je weiter du dich im direkten Anschluss von den Ereignissen entfernst, um so kleiner wirken sie, wie Bahnhöfe beim Blick aus dem Abteilfenster, die immer schneller schrumpfen, wenn der Zug an Fahrt gewinnt. Sachen bleiben zurück, Menschen, auch einige Gedanken und sicherlich Gefühle, während irgendwo bereits der nächste Bahnhof auf dich wartet, hunderte Anschlussverbindungen inklusive.

Bis dahin jedoch wirst du die Fahrt genießen, die Landschaften an dir vorbeiziehen lassen und den Wolken Namen geben. Das Schlimmste hast du hinter dir.

Montag, 7. Juli 2008

im zuge dessen

Das Kind hält den Kopf in die rosa Wolken im Fenster und schnappt begeistert nach lauwarmer Luft. Die Frau blickt stumm hinaus, das Mädchen spielt mit den Messern. Das Kind wirbelt durch die spiegelverkehrten Weinberge, die Frau sitzt still und fürchtet sich. Das Mädchen spielt mit den Messern.

Das Kind tanzt. Die Frau weint. Das Mädchen spielt mit den Messern.

Und Du so?

Du bist nicht angemeldet.

Sieh mal zu!

warm und licht und plüschig

Queries

annaslichtÄTwebDOTde

Creative Commons License
This work is licensed under a Creative Commons Attribution-NonCommercial-ShareAlike 3.0 Unported License.

Nix geht verloren, der Treibsand wird archiviert: Deutsches Literaturarchiv Marbach. Danke.

Anna

- heißt eigentlich anders und schreibt seit 2002 hin und wieder was ins Internet, seit 2007 tut sie es hier. Ab und an denkt sie wegen Untätigkeit laut oder leise übers Löschen nach, durchringen kann sie sich nicht. Im Treibsand versinken Gefühle, Eindrücke und Textfetzen, die irgendwohin müssen, aber nirgends so richtig passen wollen.

Status

Online seit 6067 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:09

Credits


[- bilderrätsel -]
[- die worte der anderen -]
[- echtzeit -]
[- formaler selbstinzest -]
[- im rhythmus bleiben -]
[- konturverneinend -]
[- nonverbales treiben lassen -]
[- oder so -]
[- pärchenmärchen -]
[- woahaberjetztechtmaey -]
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren